Jordan B. Peterson, bekannt für seine tiefgehenden Analysen menschlicher Psychologie und Gesellschaft, präsentiert in seinem neuen Werk "Die Essenz des Seins: Über das Zusammenspiel von Identität und Verantwortung" eine umfassende Kartografie einer traditionsreichen Kulturlandschaft.
Wer ist der Autor?
Jordan B. Peterson ist ein kanadischer klinischer Psychologe, Kulturkritiker und Professor für Psychologie, der vor allem durch seine Arbeiten zur Persönlichkeitspsychologie und seine gesellschaftskritischen Standpunkte bekannt wurde. Er erlangte internationale Bekanntheit durch seine kritischen Äußerungen zu politischen Korrektheit und Geschlechterfragen sowie durch sein Buch "12 Rules for Life: An Antidote to Chaos". Petersons Arbeiten zeichnen sich durch eine tiefgehende Analyse der westlichen Kultur und der Rolle von Mythen und Religionen in der menschlichen Psychologie aus.
Worum geht es in dem Buch?
Das Buch widmet sich der Frage, wie Identität und Verantwortung als zentrale Orientierungspunkte menschlichen Zusammenlebens neu entdeckt und verstanden werden können.
Im ersten Teil des Buches widmet sich Peterson der Essenz der Identität. Hier spricht er von einem Kulturkampf, in dem wir uns befinden. Unsere Gesellschaft ist zu einem psychologischen und gesellschaftlichen Minenfeld geworden, in dem das Thema Identität stark polarisiert. Peterson argumentiert, dass Glauben eine Form von Mut darstellt, die es ermöglicht, die Zukunft mit offenen Armen zu empfangen. Er betont, dass unsere Identität durch ein Gerüst aus finiten und infiniten Elementen geformt wird. In der heutigen Zeit wird den jungen Menschen jedoch beigebracht, sich selbst als den Mittelpunkt aller Dinge zu sehen, was letztlich zu Unglück führt. Peterson plädiert für eine Rückbesinnung auf die Opferbereitschaft als Grundlage der Identitätsbildung. Ein verantwortungsbewusster Bürger, der die Last der Welt auf seinen Schultern trägt, entzieht sowohl Tyrannen als auch Sklaven die Grundlage und schafft somit eine stabile Gesellschaft. "Wir hangeln uns an einem Gerüst vom Endlichen zum Unendlichem empor und das Gesamtgerüst macht unsere Identität aus."
In zweiten Teil des Buches gehen Peterson und Pageau im gemeinsamen Aufsatz "Identität, das Individuum und der Staat gegen die subsidiäre Hierarchie des Himmels"weiter auf die Frage der Identität ein. Die Verfasser warnen vor einer Dualität zwischen Individuum und Kollektiv, die überwunden werden muss, um wahre Einheit zu erreichen. Eine zu starke Betonung der Autonomie des Individuums, das sich von Religion, Familie und anderen sozialen Einheiten löst, führt letztlich zu einer Stärkung des totalitären Staates. Diese Entwicklung untergräbt die Freiheit und die Sehnsucht der Menschen nach Sinn und Zugehörigkeit. "Identität ist eine Skala von Beziehungen, die in einem übergeordneten Bund gipfelt."
Das Duo kritisiert den modernen zügellosen Individualismus und zeigt auf, wie dieser dem kollektivistischen Totalitarismus Vorschub leistet. Eine Nation, die nur auf Vielfalt und Offenheit setzt, ohne Einheit zu schaffen, ist zum Scheitern verurteilt. Einheit entsteht durch gemeinsame Ziele, gemeinsame Herkunft und Geschichte. Identität wird als eine Skala von Beziehungen beschrieben, die in einem übergeordneten Bund gipfelt, wobei Gott die Wurzel aller Handlungsvorgaben und der Maßstab für alle Formen der Identität ist.
Das Buch thematisiert auch die heutige Tendenz, Randphänomene ins Zentrum der Gesellschaft zu rücken, was zu Verwirrung und Hoffnungslosigkeit führt. Peterson betont die Bedeutung von Ordnung und Opferbereitschaft, um eine stabile und sinnvolle Gesellschaft zu gewährleisten. In einem gut strukturierten subsidiären System übernimmt das Individuum freiwillig Verantwortung und schafft so einen Sinn, der ideologischen Unwahrheiten entgegenwirkt. "All die sogenannten freien Menschen ertrinken schon längst in Anonymität, Angst und einsamer Hoffnungslosigkeit."
Abschließend heben die Verfasser die Bedeutung von Beziehungen und Fürsorge hervor. Individuen, Familien und Gemeinschaften sind die Grundbausteine eines umfassenden Staates und zugleich Bollwerke gegen dessen zu übergreifende Präsenz. Nur in der Fürsorge für andere lässt sich unsere individuelle Identität entdecken, stärken und verfeinern. Das Modell von Vater, Mutter und Kind dient als Vorbild für die höchste aller Identitäten – die als Kinder Gottes.
Wer sollte das Buch lesen?
Die Schreiber richten sich mit ihrer Ausarbeitung an Leser, die nach persönlicher Weiterentwicklung und tiefgehenden philosophischen Einsichten suchen. Insbesondere sprechen sie Menschen an, die Orientierung in einer komplexen, oft verwirrenden Welt suchen und sich mit Fragen der Identität, Verantwortung und gesellschaftlichen Strukturen auseinandersetzen wollen. Zudem zielen sie auf ein Publikum ab, das sich für die Integration traditioneller Werte und psychologischer Erkenntnisse in das moderne Leben interessiert.
Was gibt es Kritisches?
Jordan B. Peterson hat oft über christliche Themen und Symbole gesprochen und ihre Bedeutung in der westlichen Kultur hervorgehoben, aber er hat sich selbst nicht eindeutig als Christ bezeichnet. Er erkennt den moralischen und kulturellen Wert des Christentums an und verwendet biblische Geschichten und Prinzipien in seinen Analysen und Lehren. Peterson beschreibt sich eher als jemand, der an der Schnittstelle von Psychologie, Mythologie und Religion arbeitet, und er lässt seine persönliche Glaubensposition oft bewusst offen. Leser sollten nicht davon ausgehen, hier eine christliche Darlegung zum Begriff Identität zu erhalten. Vielmehr argumentiert das Duo mit unterschiedlichen Ansichten, die sowohl auf christlichem als auch teilweise esoterischem Gedankengut (z. B. Yggdrasil) basieren. Hier gilt es differenziert zu betrachten und zu unterscheiden, was in welchem Kontext wie ausgesagt wird.
Weshalb sollte man das Buch lesen?
Peterson entwirft in diesem Buch eine „Landkarte“, die die Tektonik einer Kultur der Zugehörigkeit und die wesentlichen Strukturen, in denen Leben und menschliche Interaktion möglich sind, sichtbar macht. Dabei bleibt der Mensch und seine Identität im Zentrum, eingebettet in erweiterte und tragende Zusammenhänge der Verbundenheit. Diese Landkarte hilft, die wichtigen Orientierungspunkte menschlichen Zusammenlebens wiederzuerkennen und aufzufinden. Somit ist "Die Essenz des Seins" ein tiefgehendes und anspruchsvolles Werk, das Leser dazu einlädt, über die grundlegenden Fragen der Identität und Verantwortung nachzudenken. Peterson liefert eine Orientierungshilfe in einer Zeit, in der diese Themen von entscheidender Bedeutung sind. "Nur in der Fürsorgebeziehung, die wir zu anderen aufbauen, lässt sich unsere individuelle Identität entdecken, stärken und verfeinern."
Das Buch:
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Peterson, J. B. (2024): Die Essenz des Seins. Über das Zusammenspiel von Identität und Verantwortung, fontis Verlag, 144 Seiten, ISBN: 978-3-03848-287-1 Preis: 15,90 €
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