Das Wort Gottes mit einem Kommentar und beides in einem Band? Mit der „Stuttgarter Erklärungsbibel“ legt die Deutsche Bibelgesellschaft dem Leser dies in die Hände.
Wer ist der Herausgeber?
Die Deutsche Bibelgesellschaft ist eine kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts. Sie übersetzt die biblischen Schriften, entwickelt und verbreitet innovative Bibelausgaben und eröffnet für alle Menschen Zugänge zur Botschaft der Bibel. „Als kirchliche Stiftung setzen wir uns dafür ein, jedem Menschen die Bibel zugänglich zu machen – zu einem erschwinglichen Preis, in einer verständlichen Sprache und in einer Form, die den technischen Entwicklungen Rechnung trägt. Das Buch der Bücher soll den Menschen so begegnen, dass es sich ihnen öffnet und ihnen Orientierung für ihr Leben bietet.“[i]
Was zeichnet die Bibelausgabe aus?
Mit dem Reformationsjubiläum 2017 wurde eine Überarbeitung der Stuttgarter Erklärungsbibel notwendig, denn diese Bibelausgabe erfreut sich seit ihrem ersten Erscheinen 1992 in Studium, theologisch-religionspädagogischer Praxis und persönlicher Bibellektüre.
Die vorliegende Ausgabe bietet fundierte historische und theologische Einführungen zur Entstehung der Bibel, zum Schriftverständnis und zu den einzelnen Büchern sowie Kommentare zum kompletten Bibeltext, einschließlich der Apokryphen. Hierzu hilft dem Leser, dass der Bibeltext und der Kommentar durch unterschiedliche Schriftgrößen voneinander unterschieden werden können. Einführungen und Inhaltsübersichten zu allen biblischen Büchern wobei ein Anhang mit ausführlichen Sach- und Worterklärungen, Landkarten, Zeittafel u.a.m. sorgen für zusätzliche Orientierung.
Bei der Überarbeitung hat man darauf geachtet, die Kommentare dem aktuellen Stand der Bibelwissenschaft anzupassen, weshalb man die relevanten Ergebnisse allgemeinverständlich und theologisch ausgewogen präsentiert.
Als Leser profitiert man davon, dass die Herausgeber sich zum Credo gemacht haben, das Wesentliche in den Fokus zu stellen und nicht Nebenschauplätze zur Hauptsache zu machen. So folgt man dem Grundsatz, der schon 1912 feststand, denn die Schrift ist „ohne uns durch sich selbst vermögend, zur Seligkeit weise zu machen.“ Deshalb sollen die Erläuterungen denjenigen helfen, die „weiter und tiefer in die Kenntnis und in das Verständnis des ganzen Schriftinhalts“ eindringen wollen.
Bezüglich des Bibeltextes haben sich die Herausgeber für die Lutherbibel 2017 entschieden. Grundanliegen der Revision war es, die Übersetzung Martin Luthers anhand der hebräischen und griechischen Ausgangstexte auf exegetische und sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Besonders umfangreich war dabei die Revision der Apokryphen, wohingegen der biblische Kanon weitestgehend nicht sprachlich modernisiert, sondern lediglich angepasst wurde, wenn dies nötig war (z. B. Hebamme statt Wehmutter).
Wer sollte diese Bibelausgabe lesen?
Aufgrund ihres Studienbibelcharakters ist sie eher für Leser konzipiert, die sich tiefer mit Gottes Wort beschäftigen möchten. Ebenso sind Leser angesprochen, die u.a. Theologie studieren bzw. im Gemeinde- und Kirchdienst verantwortlich sind bzw. pastorale Dienste ausüben.
Was gibt es Kritisches?
Bezüglich der Lutherbibel 2017 sei auf folgendes hingewiesen: Zunächst einmal sind die vermeintlichen Angleichungen fragwürdig. Beispielhaft sei darauf verwiesen, dass aus Stillung des Sturmes ein „großes Beben im Meer“ (Mt. 8,24) wurde, wohingegen in Markus 4,37 und Lukas 8,23 von einem „große[n] Windwirbel“ gesprochen wird. Zwar ist der Begriff übersetzungstechnisch möglich, aber vom Kontext her eher irreführend, da der See Genezareth kein „Meer“ ist. Leider haben die liberaltheologischen Übersetzer hier keine Verbesserung geschaffen.
Neben den stellenweise weniger gelungenen Übersetzungen ist jedoch der Einfluss der liberalen Theologie zu bemängeln. Dies betrifft z. B. die Gottheit des Herrn Jesus. Anhand von Römer 9,5 kann dies aufgezeigt werden:
- „denen die Erzväter angehören und aus denen der Messias dem Fleische nach stammt: der da Gott über allem ist, gepriesen in Ewigkeit!“ (Menge2020)
- „ihnen gehören auch die Väter an, und von ihnen stammt dem Fleisch nach der Christus, der über alle ist, hochgelobter Gott in Ewigkeit.“ (Schlachter2000)
- deren die Väter sind und aus denen dem Fleisch nach der Christus ist, der über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Elberfelder 2006)
- „denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch. Gott, der da ist über allem, sei gelobt in Ewigkeit.“ (Luther2017)
Die Luther2017 verfälscht den Grundtext dahingehend, dass eine Kernstelle, die die Gottheit Jesu bezeugt, umgedeutet wird. Luther1984 war hier deutlich grundtextnäher.
Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die feministische Theologie ebenso Einzug erhalten hat. In den Sach- und Worterklärungen wird sich über die göttlichen Ordnungen unter dem Stichwort „Frau“ wie folgt geäußert: „Da die Bibel in einer patriarchalen, traditionellen Gesellschaft entstanden ist, war die Frau in einem starken Maße vom Mann abhängig und wurde v.a. durch ihre Mutterrolle bestimmt. Der erste Schöpfungsbericht zeigt aber, dass Mann und Frau die gleiche Würde besitzen, die ihnen mit der Gottebenbildlichkeit gegeben wurde. Ebenso macht die Geschichte vom Sündenfall deutlich, dass die Unterordnung der Frau unter den Mann nicht mit dem ursprünglichen Schöpfungswillen Gottes entspricht.“ Diese Erklärung ist im Kontext der biblischen Überlieferung nicht nur fragwürdig, sondern nicht zulässig.
Bezüglich der Kommentierung: Bei den Einleitungen und Einführungen zeigt sich, dass die Autoren mehr der historisch-kritischen Auslegung zugeneigt sind, wenngleich dies eher tendenziös auftritt statt absolut. So ist bspw.. in der Einführung von Matthäus die Zwei-Quellen-Theorie lediglich als „breiteste Anerkennungsthese“ angegeben und es wird offenkundig zugegeben, dass „der Wortlaut dieser Quelle nicht durch alte Zeugnisse belegt [ist], sondern eine wissenschaftliche Rekonstruktion [darstellt].“ Auch im Bereich der Datierung treten die Herausgeber für eine Früh- statt Spätdatierung ein, so meinen sie bspw., dass die atl. Schriften im Laufe des 1. Jahrtausend v. Chr. entstanden seien. Des Weiteren thematisieren die Einführungen die Autorenfragen und sprechen sich auch zunehmend eher für die universitäre Bibelwissenschaft aus (z. B. Mose sei nicht der Autor des Pentateuchs aufgrund der stilistischen Unterschiede). Der liberaltheologische und bibelkritische Aspekt zeigt sich auch in folgender Erklärung: „Damit können wir festhalten: Die Bibel ist nicht das Wort Gottes, aber in ihr begegnet uns Gottes Wort. Oder anders ausgedrückt: Die Bibel ist sofern Gottes Wort, als Gott und in ihr durch sie auf einzigartige Weise anspricht.“
Ob die Apokryphen einen Mehrwert darstellen und deshalb auch kommentiert werden müssen, ist fraglich, da sie lehrmäßig dem biblischen Kanon teilweise entgegenstehen und lediglich die Makkabäerbücher historisch gesehen von Hilfe sind. Hier scheint sich dann doch eher der „ökumenische“ Aspekt durchgesetzt zu haben.
Zur Handhabung: Die Stuttgarter Erklärungsbibel ist keine Bibel für to go, sondern ein Schwergewicht für das Studierzimmer. Das Schriftbild ist gut lesbar, wenngleich die Seiten einen „unvorsichtigen“ Umgang nicht so schnell verzeihen (z. B. Knick). Es sollte eher mit Holzstiften als mit Gelmarkern angestrichen werden. Der Platz für Notizen ist eher rar, da Bibeltext und Kommentierung viel Platz einnehmen.
Weshalb sollte man die Bibel lesen?
Zunächst einmal liegt ein umfangreiches Werk vor, das Bibel und Kommentar in einem Band verbindet. Der Preis ist üppig, allerdings für ein Werk mit solch einem Umfang und Inhalt angemessen. Jedoch gilt es zu wissen, dass hier eine universitäre Ausgabe vorliegt, die geprägt von der Aufklärung die Bibel als Gottes Wort infrage stellt, sich mehr der Wissenschaft als dem Glauben verschreibt und in ihren Erklärungen vielfach bibelkritische Aspekte aufgrund ihrer Prämissen befürwortet (z. B. die Bibel ist nicht Gottes Wort!). Zu sämtlichen Aspekten haben auch bibeltreue Forscher andere Antworten. Für Leser, die fest im Glauben stehen und sich nicht von liberaltheologischen Einflüssen ablenken lassen, liegt hier eine Möglichkeit der Horizonterweiterung vor, um die andere Herangehensweise an die Bibel besser zu verstehen. Vielfach werden manche Erläuterungen und Erklärungen das eigene Forschen in der Schrift fördern, wenngleich alles kritisch geprüft werden sollte, um nicht verführt zu werden (1. Thessalonicher 5,21f). Die Selbstbeschreibung fasst treffend zusammen, wofür diese Bibelausgabe steht: „Die Stuttgarter Erklärungsbibel ist eine umfassende, theologisch ausgewogene und wissenschaftlich verantwortete Studienbibel.“
Die Bibel:
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Stuttgarter Erklärungsbibel (2023), Deutsche Bibelgesellschaft, 2208 Seiten, ISBN: 978-3-438-03333-8, Preis: 78,00 €
erhältst du hier.
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