Von Augustinus, über Rousseau bis hin zu Marx oder Freud sind unterschiedliche Auffassungen des Selbst vorgestellt worden. Im 20. Jahrhundert wurden diese Konzepte des Selbst nicht nur psychologisiert und eng mit der Sexualität verschränkt, sondern unter dem Einfluss von Leuten wie Reich, Marcuse und anderen ebenfalls zu einer politischen Angelegenheit gemacht.
Wer ist der Autor?
Carl Trueman ist Professor für Biblische und Religiöse Studien am Grove City College (USA). Er ist freier Redakteur bei First Things, ein geschätzter Kirchenhistoriker und arbeitet als Wissenschaftler am Ethics and Public Policy Center. Trueman hat zahlreiche Bücher verfasst oder herausgegeben.
Worum geht es in dem Buch?
Die Ausarbeitung Truemans ist ein Augenöffner, um die aktuellen Veränderungsprozesse in der Politik zu verstehen und weshalb es zur Ausbreitung des neuen Selbst kommt. So untersucht der Historiker Carl Trueman in seinem Buch Der Siegeszug des modernen Selbst die Sichtweisen auf das »Selbst«, die schlussendlich zur sexuellen Revolution beigetragen haben und seitdem tief in unsere Alltagskultur eingeschrieben sind. Er greift dabei auf Analysen des Philosophen Charles Taylor, des Soziologen Philip Rieff und des Ethikers Alasdair MacIntyre zurück.
Im ersten Teil geht der Verfasser auf die Architektur der neuen Vorstellungen vom Selbst ein und zeigt auf, wie unsere westliche Kultur neu gedacht wird. Dabei wird deutlich, dass eine Identitätsrevolution im Gang ist. „Im Zeitalter des psychologischen Menschen hat sich das eindeutig umgekehrt. Befriedigung und Sinn – Authentizität – werden jetzt in der Hinwendung nach innen gefunden, und die Kultur wird entsprechend neu konfiguriert.“
In den Grundlagen stellt er den unbekannten Gesetzgeber vor, der zur Geburt eines plastischen Menschen beitrug und betont, dass das moderne Selbst und seine Kultur ihre unmittelbaren Wurzeln eindeutig in den intellektuellen Entwicklungen des 18. und 19. Jahrhunderts haben. „Wenn die Gesellschaft und Kultur nur ein Konstrukt ist und die Natur keinen inneren Sinn oder Zweck hat, dann muss der Mensch selbst Sinn erschaffen.“
Der dritte Teil richtet nun den Fokus auf die Sexualisierung der Revolution. Hierbei steht besonders Sigmund Freud im Blick, da sein Denken Zivilisation und Sex auch noch heute prägen und von der Neuen Linken aufgenommen wurde, um Sex zu politisieren. „Von dem Augenblick an, da man Identität als sexuell verstand, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis Sex politisch wurde.“
Zuletzt stellt Trueman den die Siege der sexuellen Revolution des Selbst vor. Dabei konzentriert er sich auf drei Themenschwerpunkte: das Erotische, das Therapeutische und die Transgenderthematik. „Der Grundtenor der therapeutischen Gesellschaft, von ihrer Psychologisierung von Unterdrückung bis hin zu ihren historischen Erzählungen, die die Opfer der Geschichte zu den wahren Helden macht, kultiviert emotional (und daher moralische) Macht, die heute jemand einfordert, der sich als Opfer hinstellt.“
Wer sollte das Buch lesen?
Das Buch ist anspruchsvoll – ohne Frage. Einerseits wird man in philosophische und gesellschaftstheoretische Denkweisen eingeführt, andererseits werden auch historische Bezüge eingebracht. Daher sollte ein Interesse für solche Themenfelder beim Leser vorhanden sein. Dennoch gelingt es Trueman gut verständlich zu schreiben. Besonders Pastoren und Gemeindeleitern sowie Jugendleitern und Bildungsverantwortlichen ist das Buch zu empfehlen, da es gilt, die Ideen hinter den aktuellen Bestrebungen zu kennen, um aufzuklären und dies ohne Polemik.
Weshalb sollte man das Buch lesen?
Die Ausarbeitung dient als Einstieg in die Auseinandersetzung der Themenfelder, die Familie, Kultur und Nationen verändern. Trueman gelingt es dabei aufzuzeigen, dass Ideen, „die heute sowohl die bewussten Philosophien als auch die Institutionen durchdringen und damit das soziale Vorstellungsschema dominieren, tief in der Geschichte verwurzelt sind.“ Ein Glossar am Ende hilft dem Leser, sich im woken Begriffe Wirrwarr besser zurechtzufinden. Hervorzuheben ist Truemans unwissenschaftlicher Epilog zum Ausgang, der u. a. auch Zukunftsaussichten sowie Anregungen für die Christenheit beinhaltet, denn als Christen sollten wir mit den Herausforderungen in Liebe umgehen, aber klar in der Sache sein können. „Wie war das heute anstellen und wo dabei die Grenzen liegen – das sind die drängenden Fragen der Gegenwart.“ Trueman gibt einen äußerst hilfreichen Überblick über die Vergangenheit, bringt Klarheit in die Gegenwart und vermittelt Orientierungs- und Argumentationshilfen im Blick auf die Zukunft. Für Christen, die sich in der Kultur einer sich ständig verändernden Suche nach Identität bewegen und bewähren müssen, ist das ein wichtiges Werk.
Das E-Book:
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Trueman, C. R. (2022): Der Siegeszug des modernen Selbst, Verbum Medien, 508 Seiten, ISBN: 978-3-98665-023-0, Preis: 19,90 €
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