Der biblische Gott ist langmütig, barmherzig, liebend und zugleich heilig, gerecht und zornig. Und so verwundert es den Bibelleser nicht, dass der ewige Ausgang des Menschen zwei Richtungen kennt, die nach dem Tod eintreffen: Himmel oder Hölle. Jens Kaldewey geht in „Großer Himmel – kleine Hölle?“ der Frage nach, ob das Gerettetsein der Gläubigen und das Verlorensein der Gottlosen gleichzeitig stimmen kann.
Wer ist der Autor?
Jens Kaldwey lebt in der Schweiz, ist Pastor im Ruhestand und jetzt freiberuflicher Vortragsredner, Bibellehrer und Berater. Er arbeitet beim Podcast „bibeltunes“ mit und gehört der charismatischen Erneuerungsbewegung Vineyard an.
Worum geht es in dem Buch?
Der Autor befragt Gottes Wort zu diesem kontroversen Thema und macht überraschende Entdeckungen. Inhaltlich ist Kaldewey ein Vertreter der sogenannten Annihilationstheorie, d. h. die Hölle ist ein Ort der endgültigen Vernichtung des Bösen und nicht der Verewigung der Strafe. Das Ganze hat mit dem Gottesbild des Verfassers zu tun. Stellvertretend hierfür führt er z. B. Psalm 103,8-14 an, um aufzuzeigen, dass die Liebe Gottes für ihn zur Lebenswirklichkeit gehört.
Das Buch umfasst drei Teile. Im ersten Teil wird sich dem Thema des Gericht Gottes genähert. Dabei versteht Kaldewey das göttliche Gericht in einem „positiven, hoffnungsvollen Licht“, auch wenn er keinesfalls verharmlost. Sein Ansinnen ist es, die „Lehre von der Hölle vom namenlosen Grauen zu befreien“. Schwerpunktmäßig wird sich an den Maßstäben orientiert, die Gott anwendet, wenn er das komplexe Leben und Sein auf dieser Erde abschließend bewertet.
Darauf aufbauen folgt eine Auseinandersetzung mit der Hölle, die für ihn „klein“ ist. Bei seinen Ausführungen geht Kaldewey dabei auf drei unter gläubigen Christen am meisten verbreiteten Höllenvorstellungen ein und wägt diese im Spiegel der Bibel und seiner persönlichen Erkenntnis gegeneinander ab. Neben den biblischen Aussagen befragt er u. a. auch kirchengeschichtliche Ansichten. „Eine objektive, rein sachlich, emotionsfreie und vorurteilsfreie Lehre über die Hölle gibt es nicht“. Als Leser wird man in das Ringen des Autors mitgenommen, der von der USB-Brille (= unendliche bewusste Strafe) über die HAV-Brille (= Hölle als Vernichtungsort) hin zur ASV-Brille (= Allversöhnung) und schlussendlich zur HAV-Brille gelangt. „Mein Fazit entspricht eher einer persönlichen Zeugenaussage bzw. meinem persönlichen Blickwinkel“.
Im dritten Teil wird nun der Blick auf den großen Himmel gerichtet. Dieser soll an „Strahlkraft gewinnen, indem einerseits seine Herrlichkeit konkret beschrieben und andererseits sein Umfang und seine Weite aufgezeigt wird“. Der Leser wird merken, dass Kaldewey zu der Ansicht gelangt ist, dass im Himmel deutlich mehr Menschen sein werden als in der Hölle. Dieser Sachverhalt hat u.a. damit zu tun, dass neben den Beschreibungen des Himmels die Betonung auf einen zumeist vernachlässigten Aspekt gelegt wird: „Neben der Gemeinde Christi wird es noch andere Völker auf der neuen Erde, die Gott schaffen wird, geben“. Diese Ansicht hat ihr Fundament in Offenbarung 21,3. „Die Angehörigen der Nationen auf der neuen Erde werden dabei nicht als Belohnung für ihre guten Taten gerettet, sondern aus Gnade“.
Was gibt es Konstruktives?
Das Thema ist kein leichtes. Die Ausführungen zum Richter und das Gericht sind informativ, wenngleich auch ein manches miteinander vermischt wird (z. B. Richterstuhl Christi und der Große Weiße Thron). Bei der Argumentationsführung scheint es so, dass der Autor – bei aller gegebenen Objektivität – von seinem Gottesverständnis, seinen Begegnungen mit der „Gebrochenheit, Blindheit, Verletzung und Verzauberung vieler Menschen“ geprägt zu sein. Das Buch ist ein sehr persönliches Mithineinnehmen in die Beantwortung der Frage nach Himmel und Hölle. Insgesamt ist jedoch die Klarheit der Schrift eindeutig, sodass die Lehre des Annihilationismus - als eine Lehrmeinung über Himmel und Hölle - verworfen werden muss, da solch eine Idee in keiner Bibelstelle ausdrücklich bestätigt wird und sie im Widerspruch zu den Stellen der Schrift stehen, die eindeutig eine ewige Verdammnis des Gottlosen lehren. Unklar ist, weshalb SCM R. Brockhaus Sprachrohr für diese Sichtweise eintritt, da Gottes Wort die Gläubigen nie dazu ermutigt anzunehmen, dass Menschen nach dem Tod noch eine zweite Chance haben.
Wer sollte das Buch lesen?
Die Lektüre ist nicht für Glaubensneulinge zu empfehlen, da der Leser einiges an Vorwissen mitbringen sollte, um die Denkprozesse und Fragestellungen des Autors nachvollziehen und mitgehen zu können. Für gefestigte Gläubige ist die Lektüre eventuell eine Hilfe, um das Denken der anderen Sichtweise besser zu verstehen und seinen eigenen Standpunkt noch einmal gründlich zu reflektieren. Schlussendlich gilt es, sich dem Thema auf Grundlage der Schrift zu nähern und zu einer biblisch begründeten Ansicht zu gelangen.
Was bleibt am Ende?
Zunächst einmal macht es sich der Autor nicht leicht. Der Befürchtung, auf ein hochkomplexes theologisches Buch zu treffen, kann widersprochen werden, da es Kaldewey gelingt, allgemeinverständlich und seelsorgerlich zu schreiben. Er hat sich Jahrzehnte mit dem Themenkomplex auseinandergesetzt. Zudem betont er immer wieder, dass sein „Wissen Stückwerk ist“ und er seine Ansichten über die Jahre hinweg immer wieder hinterfragt hat (vgl. 1. Kor. 13,9-10). Andererseits negiert der Autor nicht die Notwendigkeit der Evangelisation, da dies u. a. ein Gebot des Herrn ist und die Wiederkunft des Herrn bedingt. Für die breite Masse der Christenheit wird die Auseinandersetzung mit der komplexen Thematik vermutlich weniger relevant sein.
Das Buch:
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Kaldewey, J. (2021): Großer Himmel – kleine Hölle. Wie das Gericht Gottes uns Hoffnung macht, 368 Seiten, ISBN: 978-3-41724-171-6, Preis: 24,99€
erhältst du im Buchhandel oder direkt hier.
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Herbert (Samstag, 20 Januar 2024 22:15)
Das Buch setzt sich mit den grossen Themen von Gottes Liebe, Barmherzigkeit einerseits und Gerechtigkeit anderseits auseinander. Jens Kaldewey findet in weiten Teilen biblische Begründungen zu den widersprüchlichen Fragen, die viele Christen in diesem Kontext beschäftigen. Einzelne Positionen bezeichnet aber auch klar und offen als seine eigenen Gedanken. Damit unterscheidet er sich wohltuend von den vielen dogmatischen Werken, bei den die Autoren genau zu wissen scheinen, wie Gott funktioniert. Besonders zu erwähnen, die Auslegung zum jüngsten Gereicht, als Tag der Gerechtigkeit für die Unterdrückten und Misshandelten. Insgesamt sehr lesenswert.