Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 ließ die dunklen Schatten erahnen, die kommen würden. Trotz der dunklen Wolken am Horizont ließen sich Christen nicht entmutigen, Gottes Wort treu zu verkünden. In „Schöpfung und Fall“ blickt Dietrich Bonhoeffer von Christus her auf die Schöpfungsgeschichte.
Dietrich Bonhoeffer (1906 – 1945) war ein lutherischer Theologe, profilierter Vertreter der Bekennenden Kirche und am deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt. „Nirgends besser als im Ernstfall erweist sich die Tragfähigkeit theologischer Überlegungen“, so Peter Zimmerling über den Autor des Buches.
Das Buch „Schöpfung und Fall“ stellt den Druck einer Vorlesung dar, die Bonhoeffer im Wintersemester 1932/33 an der Berliner Universität hielt. Bonhoeffer selber ist der sogenannten dialektischen Theologie zuzuordnen, „die in Anknüpfung an die reformatorische Theologie als Theologie des Wortes die Bibel zur Grundlage ihrer Überlegungen gemacht hat“. In seinen Ausführungen wagt es Bonhoeffer, die „exegetische und systematische Schultradition seiner Zeit hinter sich zu lassen und die Bibel unmittelbar nach Antworten auf die brennenden Probleme der Gegenwart zu befragen“. Es sei erwähnt, dass Bonhoeffer die Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese nicht pauschal ablehnt, doch bleibt er nicht bei der philologischen und historischen Auslegung stehen, „sondern fragt, was die Bibeltexte für den heute gelebten Glauben in seinen unterschiedlichen Bezügen zu sagen haben“. Bedeutsam – vor allem vor dem historischen Hintergrund ist -, dass Bonhoeffer die Bibel als das Buch der Kirche ansieht, und deshalb auch das Alte Testament bejaht und sich dafür stark macht, es von Christus her zu lesen. „Die christologische Auslegung des Alten Testamentes sollte bald für die ganze Bekennende Kirche typisch werden“. Bonhoeffer und seine Mitstreiter widersetzen sich den Deutschen Christen, indem sie dafür eintraten, „dass es kein Christentum ohne das Alte Testament“ geben könne.
Im Buch selbst geht der Theologe auf Genesis 1-3 und 4,1 näher ein. Ein Gedanke sei beispielhaft und gerafft aufgegriffen, um die Tiefe der „bonhoefferschen Theologie“ ansatzweise vorzustellen. Im Blick auf die Ebenbildlichkeit Gottes betont der Autor, dass der Mensch diesen nur hat, wenn er nicht selbst etwas für sich sein will – sprich, wenn er unabhängig von Gott sein möchte. „Urbild und Abbild sind wesensmäßig aufeinander bezogen“. Daraus schlussfolgert der Verfasser, dass der Mensch Gott nicht als Einzelner abbildet, sondern nur in der Ergänzung als Mann und Frau. „Menschsein gibt es von der Schöpfung her nur in Beziehung“.
Es ist beeindrucken, mit welcher Tiefe der erst 27-jährige Bonhoeffer die ersten Kapitel der Bibel analysiert, auslegt und anwendet. Zwar ist die Sprache zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, doch im Laufe des fortschreitenden Lesens verblasst dies und wird durch die theologischen Impulse ersetzt. „Schlangenwahrheit steht gegen Gotteswahrheit“ oder „Denn wir können nicht vom Anfang reden, dort wo der Anfang anfängt, hört unser Denken auf, ist es am Ende“.
Bonhoeffer sprach damals zu Theologiestudenten und auch heute noch, werden vorrangig Studierende an Hochschulen als erstes Lesepublikum adressiert. Nichtsdestotrotz ist das Buch – auch wegen der Einführung von Peter Zimmerling – für jeden theologisch Interessierten eine wahre Fundgrube an Erkenntnis und Einblick. „Darum ist die Schöpfungsgeschichte in der Kirche allein von Christus her zu lesen und erst dann auf ihn hin; auf Christus hin kann man ja nur lesen, wenn man weiß, dass Christus der Anfang, das Neue, das Ende unserer ganzen Welt ist“.
Schöpfung und Fall nimm seinen Leser mit in das Denken eines der führenden Vertreter der Bekennenden Kirche. Sein Inhalt fördert den Blick auf Christus und ermutigt, auch in Zeiten der Dunkelheit am Licht des Wortes festzuhalten. „Denn dass Gott, der eine Gott ist in der ganzen Heiligen Schrift, mit diesem Glauben steht du fällt die Kirche und die theologische Wissenschaft“.
Das Buch
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Bonhoeffer, D. (2016): Schöpfung und Fall. Theologische Auslegung von Genesis 1 bis 2, Brunnen Verlag, 127 Seiten, ISBN: 978-3-76550-951-3, Preis: 15,00€
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