Was darf ich hoffen? Was trägt mich? Was kennzeichnet mich? Die Antworten auf diese Lebensfragen können unterschiedlich ausfallen. Jeder muss darauf seine eigene Antwort geben, aber niemand von uns findet seine Antwort für sich allein. Christoph Nötzel, Gemeindepfarrer der Evangelischen Christusgemeinde Brauweiler bei Köln, möchte in „Glauben – was ist das eigentlich?“ auf das Verstehen, Leben und Teilen des christlichen Glaubens näher eingehen.
Um es vorwegzunehmen, das vorliegende Buch ist keines, das darüber spricht, was Christen glauben. Vielmehr ist der Verfasser von der Frage geleitet, „wie Christen glauben und Menschen zum Glauben finden – also was das Glauben ausmacht und welche Bedeutung das für die Mit-teilbarkeit des Glaubens hat“. Und hierfür sind „Glaubensüberlieferung, gemeinschaftliche Erlebnisräume des Glaubens und das Gespräch über den Glauben wichtig“.
So gliedert sich Nötzels Ausarbeitung in vier Teile. Die ersten vier Kapitel blicken dabei ganz allgemein auf den Begriff „Glauben“. Die christliche Stoßrichtung des Autors kommt in den Ausführungen zum Tragen. Dennoch sind sie zunächst von grundsätzlicher Bedeutung, um in den Dialog mit Menschen in meinem Umfeld zu gelangen, denn heutzutage ist der Begriff mit einer großen Bedeutungsvielfalt besetzt. „Gerade weil unser Glauben uns im tiefsten Kern unserer Person bestimmt, in unserer Identität, erwächst Glauben aus Begegnungen und Gesprächen“.
Mit der Bibel glauben ist Thema des zweiten Teiles. Gottes Suchen sowie die heilsame Kraft des Glaubens führen zum Aufstehen im Glauben, denn „der Ruf zum Glauben steht auch im Zentrum der Verkündigung Jesu“. Nötzel argumentiert sehr stark für das Gebet, das als Schule des Glaubens grundlegend ist. „Jesu Glauben lebt aus seiner Beziehung zu Gott im Gebet“. Und so bedarf der Glaube auch im Hier und Heute der „gemeinschaftlichen Vergewisserung“. Wer also Christus glaubt ist ein neuer Mensch und steht – im wahrsten Sinne des Wortes – auf. „Indem Christen ihren Glauben untereinander teilen, wird der Glaube gestärkt“. Durch den Dialog mit meinen Mitmenschen schenken wir ihnen Anerkennung, Wertschätzung und Gemeinschaft und können dadurch die Botschaft des Heils weitergeben.
Im dritten Teil blickt Nötzel auf bedeutende Theologen, die ihren Glauben erläuterten und uns so zu einem besseren Verstehen führen möchten. Augustinus, Luther, Schleiermacher, Barth, Bonhoeffer und Sölle kommen hierbei zu Wort. Die Einblicke und Ausführungen sind für theologisch-interessierte sicherlich von Bedeutung, man sollte aber selber einen klare Verankerung in Gottes Wort haben, um die theologischen Überlegungen mitdenken zu können. „Denn Glauben beginnt nicht damit, dass wir Gott denken, sondern dass wir uns im Gebet von Gott anschauen. Lieben und herausfordern lassen, seinen Weg in Jesus Christus heute mitzugehen und es mutig wagen, uns in unserem persönlichen und gesellschaftlichen Alltag auf die erfahrene und geglaubte Gottesgegenwart einzulassen und neue Schritte im Horizont von Liebe, Gerechtigkeit, Frieden, neue Schritte im Reich Gottes zu gehen“.
Darum geht es auch im abschließenden Teil: Glauben teilen. „Es ist die Aufgabe von Tehologie und Kirche, neue Wege zum Glaubensgespräch zu öffnen“. Die Ausführungen des kanadischen Sozialphilosophen C. Taylor aus dem Jahre 1993 mögen helfen, menschlich zu erklären, was Glauben ist und wie Glauben unser Leben und Verhalten bewegt. Dennoch ist aus Sicht des Rezensenten Gott derjenige, der Glauben schenkt und schlussendlich den Gläubigen Stück für Stück in das Bild seines Sohnes verändert. Ebenso ist auch die Herangehensweise „den Glauben teilen wie das Brot“ mit dem Ansatz von Ruth Cohens Themenzentrierter Interaktion informativ, aber nicht im Wort Gottes gegründet. Dennoch ist dem Anliegen „Weggemeinschaft im Glauben“ des Autors nur beizupflichten, denn „Menschen suchen nach Orten gemeinsam gelebten Glaubens“. Lobenswert ist, dass Nötzel besonders das Lesen und Sprechen über die Bibel betont. „Weggemeinschaft mim Glauben ist Gemeinschaft im gemeinsamen Hören und Teilen des biblischen Wortes als Wort Gottes“. Ganz praktisch hat der Autor „Die 7-Schritte des Bibel-Teilens“ seinem Leser dazu mitgeteilt.
Nötzels Ausführungen sind insgesamt informativ und impulsgebend. Das Anliegen Gelegenheiten im persönlichen und kirchlichen Umfeld zu kreieren, um ins Gespräch über den „christlichen Glauben“ zu kommen, ist dem Autor abzuspüren. Und vor diesem Hintergrund sind auch die theologischen und praxisorientierten Anregungen nachzuvollziehen.
Das Buch empfiehlt sich besonders für solche, die verstehen möchten, was es heißt „christlich zu glauben“. Nötzel Ausführungen sind verständlich und von Herzenswärme für den Dialog geprägt. Schlussendlich möchte der Autor seinem Leser helfen, das, was er glaubt, ins Gespräch bringen zu können. Ebenso wird man nach der Lektüre Glauben besser verstehen und in Beziehung zu anderen leben.
Mit Glauben – was ist das eigentlich hat Autor Christoph Nötzel eine Orientierungshilfe verfasst, die das Verstehen, das Leben und das Teilen des christlichen Glaubens in den Fokus rücken, damit der voranschreitenden Pluralisierung und Individualisierung in unserer säkularen Gesellschaft das Kraftwort des Glaubens als Antwort auf die drängenden Fragen des Lebens entgegen gestellt wird.
Hier geht es zur Leseprobe.
Das Buch:
- Nötzel, C. (2020): Glauben – was ist das eigentlich? Verstehen, Leben, Teilen. Eine Orientierung, Neukirchener Verlag, 287 Seiten, ISBN: 978-3-76156-740-1, Preis: 20,00€
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