Kennen Sie das Lied „One way Jesus“? Der Song drückt das aus, was Emil Brunner in seinem Aufsatz „Die Absolutheit Jesu“ zum Ausdruck bringen möchte: „Nicht die Vernunft als solche ist es, was der Glaubensgeltung jenes Namens im Wege steht, sondern die dem heutigen Menschen sich aufdrängende Wahrnehmung der Relativität aller Dinge“.
Heinrich Emil Brunner war ein evangelisch-reformierter Schweizer Theologe (1889-1966). Anfänglich war er ein Weggefährte Karl Barths und seiner dialektischen Theologie. Ab 1932 war er Gegenspieler Barths, da er sich der natürlichen Theologie zuwandte. Sie möchte die denkerische Durchdringung des Weltzusammenhangs mit wissenschaftlich verantworteter und nachvollziehbarer Methodik aufzeigen. Vor allem die menschliche Vernunft und die Betrachtung der Schöpfung stehen hierbei im Fokus.
In seinem Aufsatz wählt Brunner drei Zugänge. Der philosophische Zugang setzt sich mit dem Dilemma des Relativismus auseinander. „Der Relativismus ist eine viel gefährlichere Geistesverfassung als der Materialismus“. Mit dem terminus technicus „das Absolute“ liegt ein Zentralbegriff vor, um den sich das philosophische Denken aller Zeiten bewegt. „Mit einem sich verändernden Maßstab kann man nicht feststellen, ob eine Größe sich verändert habe; dazu brauchen wir einen festen Maßstab“. Und so ist es die Aufgabe der Theologie, diesen Maßstab herauszuarbeiten.
Der zweite Teil widmet sich der geschichtlichen Persönlichkeit Jesus Christus, der einer anderen Welt als der philosophischen entstammt. „Jesus kann durch Reflexion nicht gefunden werden. Um ihn zu finden, braucht es etwas Besonderes, etwas, was nicht jeder dadurch, dass er Mensch ist, von selber hat“. Denn das Fragen nach Christus ist kein historisch-wissenschaftlicher Prozess, sondern ein Akt des Glaubens. Und so kommt Brunner zu der Erkenntnis: „Nicht die geschichtlichen Quellen widersprechen dem Christusglauben, sondern ganz allein das moderne Denken“.
Im dritten Teil geht der Verfasser nun auf den Zugang des Glaubens ein. Theologie ist nach Brunners Meinung nichts anderes als die gedanklich scharfe und zusammenhängende Formulierung dessen, was der Glaube aussagt. Sie ist ein Zugang zu Christus. Doch braucht es diesen Zugang nicht zwingend, denn der „allgemeine christliche Glaube, der noch von keiner wissenschaftlichen Theologie bearbeitet ist, ist der an Jesus Christus, den Herrn und Erlöser“. Und diese Offenbarung geschieht dadurch, dass Gott selbst in unsere Lebens- und Denkweise eintritt. „Christusoffenbarung und Christusglaube sind also das Wunder Gottes in der Geschichte und in der Seele“. Schlussendlich ist Jesus Christus „das Absolute, das alle Geschichte sucht und doch nicht findet, von dem alle Geschichte bewegt ist und das doch selbst nie Geschichte werden kann“. Diese Aspekte sieht Brunner als die eigentliche Aufgabe der Theologie.
An diese Darstellung setzt Brunner nun eine Auseinandersetzung mit anderen Anschauungen. „Indem wir Gott denken, hört das so Gedachte auf, Gott zu sein. Gott erkennen können wir nur, wenn er sich selbst uns zu erkennen gibt, und das heißt: durch Offenbarung“. Der Gegensatz zwischen Vernunft und Religion ist in Jesus Christus aufgehoben. „Glaube ist das, was geschieht – immer neu geschieht -, wenn Gott zu einem Menschen sein Wort redet, das er freilich ein für alle Mal in Jesus Christus geredet hat“
Im Nachwort des Herausgebers werden Brunners Ansätze in das Spannungsfeld zwischen Absolutem und Relativismus des 21. Jahrhunderts übertragen. Und auch hier kommt man schlussendlich zu dem Fazit: „Der christliche Glaube präsentiert als einzige Variante die Tatsache, dass Gott dem Menschen in seinem Sohn Jesus Christus begegnet und eine Hilfe anbietet, die der Mensch sich selbst nicht geben kann“.
Schlussendlich stellt Emil Brunner mit seinem Aufsatz den Glauben des Einzelnen zur Erkenntnis der Person und der Bedeutung Jesu Christi ins Zentrum. Gott ist es, der den Menschen anspricht. Brunner spricht von einem „personalen Geschehen“, das nur ansatzweise erklärt werden kann. Es hängt von dem gewählte Zugang des Einzelnen ab, welche Bedeutung und Rolle Jesus Christus im Leben des Einzelnen spielt.
Die Lektüre des Buches ist für solche Leser, die sich mit dem Geschehen unserer Zeit beschäftigen und neue Denkansätze generieren möchten. Es empfiehlt sich ebenso Theologiestudierenden, die eine Gegenposition zu Barths Ansätzen suchen.
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Das Buch:
- Bösser, D. (2014): Emil Brunner: Die Absolutheit Jesu mit einem essayistischen Nachwort vom Herausgeber, arteMedia, 96 Seiten, ISBN: 978-3-905290-72-1, Preis: 7,90€
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