„Zurück in die Zukunft“ war ein riesengroßer Leinwanderfolgt. Wie sehr wünschte man sich manchmal eine Zeitmaschine, um in der Zeit reisen zu können. Titus Müller, ausgezeichnet mit dem C.S. Lewis-Preis und dem Sir-Walter-Scott-Preis, nimmt den Leser in „Der Kalligraph des Bischofs“ auf eine Reise in die Vergangenheit mit.
„Der ausgestoßene Germunt sucht in der stolzen Stadt Turin, die von den Sarazenen bedroht wird, vor seinen Bluträchern Zuflucht. Der ebenso kämpferische wie gelehrte Westgote Claudius wird als neuer Bischof nach Turin entsandt. Claudius, ein historischer Kirchenfürst, der die ketzerische Lehre vom Bilderverbot vertritt, nimmt Germunt an seinen Hof und lässt ihn in den sieben Künsten unterrichten. Germunt fasziniert die Kalligraphie immer mehr, zugleich gerät in den Bann der Liebe. Doch schon bald muss er um sein Leben kämpfen.“ (Verlagstext)
Dies ist der erste Roman des Autors, der wieder neu aufgearbeitet vorliegt. Das Talent des Schreibens spürt man sofort. Müller gelingt es den Leser mit auf eine Zeitreise ins 9. Jahrhundert nach Turin zu nehmen. Zu gute kommt dem Leser dabei, dass der Verfasser sowohl theologisches, künstlerisches als auch historisches Wissen aus dem Mittelalter gekonnt miteinander verbindet. Neben den Informationen zu Schreibkunst und Schreibhandwerk ist es auch die Thematik des Bilderstreites, die dem Leser vorgestellt wird.
Die christliche Komponente kommt in den Gesprächen und inneren Monologen zum Tragen. Hier werden des Öfteren Ansichten zu Gott, Glauben und Kirche formuliert. „Gott wird mich dafür verantwortlich machen, wenn ich seine Schafe in die Irre führe“. Müller gelingt es dadurch dem Leser einen Denkrahmen zu eröffnen, damit dieser neu dazu angeregt wird, die Bibel selbst zur Hand zu nehmen und Gott darin kennenzulernen anstatt nur Bilder – ob analog oder digital – zu nutzen. Ebenso schweigt er nicht über die Fehler der Institution Kirche. „Wie muss Gott diese Kirche hassen, die die Leute für heilig hielten. Sie war gefüllt mit Dingen, die den Menschen den Blick für ihn raubten, gefüllt mit Götzen. Nichts anderes waren diese Bilder, auch wenn sie die biblischen Gestalten zeigten“. Wie in allen seinen Büchern, möchte der Autor eben nicht nur unterhalten, sondern auch eine Botschaft vermitteln.
Das Buch passt zum Genre des historischen Romans. Das der „Zufall“ in der Geschichte des Öfteren bemüht wird, ist wohl dem Fortgang der Handlung geschuldet. Als Leser kann man sich mit Germunt arrangieren, seine Veränderungen miterleben und für sich selbst zu einer Sichtweise kommen. So sind es gerade die Beschreibungen der Gefühle und Gedanken Germunts, die helfen, sich in die Figur hineinzuversetzen. Positiv ist, dass die Liebesgeschichte eine Nebenrolle einnimmt und den Leser nicht – wie so häufig – erdrückt.
Nicht nur für Genreleser ist die Lektüre empfehlenswert, sondern auch für historisch Interessierte und solche, die Befürworter einer Message im Buch sind. Die Reise in die Vergangenheit wird sich so für die eigene Zukunft lohnen. Deshalb kann zum Kauf geraten werden, um die „Schrecken des Krieges und Schönheit des Schreiben“ zu erfahren.
Hier geht es zur Leseprobe.
Das Buch:
- Müller, T. (2016): Der Kalligraph des Bischofs (überarb. Aufl.), Heyne, 464 Seiten, ISBN: 978-3-74661-856-2, Preis 9,99€
erhältst du im Buchhandel oder direkt hier.
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