„Liebe Gemeinde“, tönt es Sonntag für Sonntag von den Kanzeln der Republik. Eine Predigt ist Gottes Wort und damit weit mehr als nur ein paar Worte, die den Zuhörern in den Ohren kitzeln, ihnen aber sonst wenig zu sagen haben. Bei der Verkündigung des Wortes Gottes geht es darum, die zeitlosen biblischen Wahrheiten dem Menschen von heute verständlich näher zu bringen. Im Kern geht es beim Predigen darum, die Bibel einfach und verständlich zu erklären, damit eine Gemeinde gesund und zur Ehre Gottes agieren kann. David Helm, leitender Pastor der Holy Trinity Chruch in Chicago, möchte mit „Auslegungspredigten“ genau diesen Aspekt neu betonen.
Helm weist im Vorfeld auf den verwaisten Stand der heutigen Kanzeln hin, worin er den Ruin vieler Gemeinden sieht. „Viele Predigten, die wir als bibeltreu bezeichnen würden, verfehlen das Ziel, weil den Predigern die Disziplin in der Auslegung fehlt“. So richtet sich das Buch vorrangig an solche, die in der Ortsgemeinde im Lehr- und Predigtdienst tätig sind. „Textauslegendes Predigen ist kraftvolles Predigen, weil Form und Botschaft der Predigt der Form und Botschaft des Bibeltextes angemessen untergeordnet sind“.
In vier Kapiteln zeigt Helm die Bedeutung der Auslegungspredigt für das 21. Jahrhundert auf. Zunächst betrachtet er die Fehler, die heutzutage auf den Kanzeln gang und gebe sind. Vielerorts wird versucht, den Bibeltext zu „kontextualisiere“. Darunter versteht er, dass das Bibelwort in unseren heutigen kulturellen Kontext übertragen wird. Hierbei konzentriert sich der Prediger zu sehr auf „kreative und künstlerische Methoden“, anstatt auf den Bibeltext und dessen kulturellen Kontext. Deshalb warnt Helm eindringlich vor dem sogenannten impressionistischen Predigen. Diese Art des Predigens ignoriert „die historischen, literarischen und theologischen Konturen im Text“. Eine weitere Art, vor der sich Prediger des Wortes hüten sollten, ist das „berauschte Predigen“. Darunter versteht Helm die Bibel so zu nutzen, dass man die eigene Meinung anhand von Bibelversen unterstreicht. Als drittes Fettnäpfchen wird auf den eigenen Umgang mit Gottes Wort beim „inspirierten Predigen“ geblickt. „Moderne Lesestrategien, die heute für die stille Zeit populär geworden sind, beeinträchtigen die öffentliche Verkündigung des Wortes Gottes“. Hierbei äußert er sich kritisch gegenüber der Methode Lectio Divina, die den Bibeltext eher als „lebendiges Wort“ und weniger als geschriebenen Text betrachtet. Und so schließt er, dass „blindes Klammern an die Kontextualisierung für Prediger eine sehr reale Gefahr ist“.
Im nächsten Kapitel werden die Heraus- und Anforderungen der Exegese besprochen. Hierbei geht Helm auf die Bestimmung des kulturellen Kontextes, des Inhaltes des Bibelbuches und die Textstruktur sowie Literaturgattung. „Exegese allein würde zu einer Predigt fürhen, die entweder übermäßig intellektuell oder rein appelativ ist“. Deshalb geht es im Kapitel der „theologischen Reflexion“ darum, den Bibeltext in den biblischen Kanon einzuordnen und das Erlösungswerk Christi darin zu verorten, in anderen Worten: Die Bibel mit der Perspektive Jesu lesen. Die Grundlage für solch eine Reflexion ist dabei das Gebet, bevor sich der Prediger der biblischen Theologie widmet. Sie ist insofern von Nutzen, da sie „ein ausschließlich intellektuelles oder moralistisches Predigen“ unterbindet. Vielmehr führt sie von einzelnen Bibelabschnitten zum eigentlichen Kern der christlichen Evangeliumsbotschaft. Und so sorgt sie dafür, „dass das Wichtigste das Wichtigste bleibt“.
Im letzten Kapitel geht Helm auf das Heute ein. Erst jetzt, nachdem die Arbeit getan ist, darf der Prediger zur Kontextualisierung schreiten. Hierbei werden mehrere Aspekte aufgeführt, die der Prediger bei diesem Schritt zu bedenken hat.
Am Ende des Buches finden sich Fragen für Prediger, die wie eine „step by step“ Anweisung zur Erstellung einer Auslegungspredigt dienen. Abgerundet werden die Ausführungen mit dem fünften Kapitel aus „Ratschläge für Prediger“ von Charles Haddon Spurgeon, dem Fürsten der Prediger.
In seinen Ausführungen führt David Helm immer wieder Charles Simeon, englischer Pastor und Prediger, an, der sich bereits vor über 150 Jahren für die Auslegungspredigt aussprach. Die Sprache des Autors ist verständlich und klar. Hervorzuheben ist, dass er immer wieder eigene Fehltritte bekennt, wodurch die Ausführungen mehr an Authenzität gewinnen und ermutigen, die Anforderungen der Auslegungspredigt umzusetzen. Die angeführten Prinzipien helfen Dienern an Gottes Wort neu, die eigene Herangehensweise und Predigtkonzeption zu reflektieren und gegebenenfalls zu revidieren.
Insgesamt kann das Buch jedem Mann empfohlen werden, der sich im Dienst der Verkündigung gebrauchen lassen möchte. Aufgrund seiner Kürze bietet es sich nicht nur zur Privatlektüre an, sondern ist auch eine gute Einführung für Theologiestudenten und Bibelschulabsolventen.
Das Buch:
- Helm, D. (2018): Auslegungspredigten. Wie wir heute Gottes Wort verkündigen, betanien Verlag, 121 Seiten, ISBN: 978-3-94571-631-1, Preis: 7,90€
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