Vielerorts wird heute betont, dass es beim Christsein um „einfach nur glauben“ und „bedingungslose Liebe Gottes“ geht. Mancherorts vernimmt man noch die leise Praxis dessen, was unter „Gemeindezucht“ verstanden wird. Dieses heiße Eisen greift Jonathan Leeman, Mitglied der Capitol Hill Baptist Church in Washington D. C., in seinem Buch mit dem gleichnamigen Titel auf.
Zu Beginn erfährt der Leser sofort die Stoßrichtung der Ausarbeitung. So versteht Leeman sein Buch nicht als Argumentationshilfe, um von der Notwendigkeit der Gemeindezucht zu überzeugen. Vielmehr möchte er denjenigen helfen, die davon bereits überzeugt sind, um ihnen Impulse an die Hand zu geben, wann und wie Gemeindezucht auszuüben ist. „Gemeindezucht ist in ihrer sowohl formenden als auch korrektiven Funktion eine Konsequenz des Evangeliums“. Und hierbei richtet sich Leeman nicht nur an Matthäus 18 aus, sondern versucht einen theologische Rahmen aufzuzeigen, „der sich aus der Vielzahl der unterschiedlichen Ansätze ergibt“. Dieser Ansatz gibt Gemeindeleitern Hilfestellung, um sich mit der endlosen Vielfalt an Umständen und Sünden auseinanderzusetzen, für die es in der Bibel keine passenden Beispiele gibt.
Das Buch ist dabei in drei Bereiche unterschiedlicher Länge gegliedert. Im ersten Teil widmet sich der Autor der Fragestellung nach den biblischen Grundlagen der Gemeindezucht. Dabei liegt es ihm am Herzen schon frühzeitig auf die Notwendigkeit, die Praxis aber auch die Wiederherstellung zu sprechen zu kommen. Erhellend ist dabei, dass Leeman eine Verbindung zwischen Matthäus 18 und 1. Korinther 5 schafft. Paulus‘ Aussagen beginnen dort, wo Jesu Handlungsanweisungen enden. Die durchgehend praxisbezogene Ausrichtung der Erläuterungen ist lobenswert.
Diese wird im zweiten Teilbereich nun noch mehr in die Praxis überführt, da Leeman nun sieben konkrete Fallbeispiele anhand des von ihm entworfenen theologischen Rahmens bespricht. Dabei handelt es sich nicht um fiktive Beispiele, sondern um Fälle, die aus realen – natürlich anonymisierten - Situation entstammen. Die dargestellten Entscheidungen und Handlungsweisen verstehen sich nicht als "in Stein gemeißelt". Dennoch bieten sie Betroffenen und Handelnden den bestmöglichen Versuch, den in Kapitel 1 bis 4 aufgezeigten theologischen Rahmen des Evangeliums konkret anzuwenden.
Im kürzesten, dem dritten Teil, gibt der Verfasser konkrete Handlungsanweisungen an Gläubige, die in der Gemeindeleitung oder dem pastoralen Dienst stehen. „Bevor ein Pastor konkrete Gemeindezucht ausübt, muss er erst eine Reihe vorbereitender Schritte gehen“. Dabei sind zwei Komponenten von Bedeutung. Zunächst einmal muss eine klare Lehre aus der Bibel zur Praxis erworben werden und es bedarf einer klaren Gemeindestruktur, um Zuchtmaßnahmen durchzuführen. Hervorzuheben sind die Gemeindezucht-Checkliste für Pastoren und die 22 typischen Fehler am Ende des Kapitels, die abermals eine große Hilfe sind, um vor falscher Gemeindezucht bewahrt zu bleiben.
Das vorliegende Buch ist kein leichtes, da es ein ernstes Thema anspricht. Nichtsdestotrotz ist der Dienst der liebevollen, mutigen und befreienden Gemeindezucht einer der am häufigsten vernachlässigten Dienste in der Gemeinde. Leeman hat mit seinen knappen, biblischen, weisen und praktischen Ausführungen einen scharfsinnigen und wichtigen Leitfaden zum gesunden Gemeindebau vorgelegt, der vor allem leitenden Gemeindemitgliedern dringend ans Herz zu legen ist.
Das Buch:
- Leeman, J. (2017): Gemeindezucht. Wie die Gemeinde den Namen Jesu ehrt und bewahrt, betanien Verlag, 144 Seiten, ISBN: ISBN: 978-3-94571-637-3, Preis: 7,90€
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