Individualisierung, Digitalisierung, Fragmentierung und Pluralisierung sowie Ökologisierung sind die großen Megatrends unserer heutigen Gesellschaft geworden. Auch in der christlichen Landschaft ist dieser Trend wahrnehmbar. „Eine fast unübersehbare Vielfalt von Meinungen, Sichtweisen und Prägungen macht den Garten Gottes bunter als je zuvor“ (S. 8). Markus Till, der durch seine Lobpreislieder, den Glaubenskurs Aufatmen in Gottes Gegenwart sowie den gleichnamigen blog.aigg.de bekannt wurde, stellt sich dem heutigen Spanungsfeld. Als konservativ-evangelikaler Christ möchte er nicht anklagen, noch verharmlosen. Vielmehr ist er bestrebt Brücken zu bauen, um Differenzen zwischen Evangelikalen und Postevangelikalen verständlich zu machen. So ist es ihm ein großes Anliegen, dass man trotz Meinungsunterschieden lernt, respektvoll und achtsam miteinander zu sprechen.
Seine Ausführungen gliedern sich in acht Unterpunkte. Nach einer persönlichen Einführung beleuchtet Till den Riss, der sich durch die evangelikale Bewegung zieht. Gelungen ist dem Autor dabei die auf den Punkt gebrachte Darstellung komplexer Sachverhalte. Für evangelikale Leser sind die Ausführungen bereichernd, um Postevangelikale besser zu verstehen. Und andersrum genauso. Die drei folgenden Kapitel widmen sich der Fragestellung, weshalb das Gespräch unter- und miteinander so schwierig ist. Lobenswert ist Tills Versuch auf der sachlich-argumentativen Ebene das Thema anzugehen. Dabei verlässt der Autor jedoch nicht seinen konservativ-evangelikalen Hintergrund und benennt fundamentale Glaubenswahrheiten, die nicht verhandelbar sind. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit vier Fragen, die – laut Ansicht des Autors – zentrale Knackpunkte in der Debatte darstellen. Lobenswert ist die ausgewogene Darstellung. Sowohl die Sicht der Evangelikalen als auch die der Postevangelikalen werden durch zahlreiche Zitate bedeutender Vertreter vermittelt. Dies zeigt sich auch an den reichhaltigen und ausführlichen Anmerkungen im Schlussteil des Buches. Die theologischen Ausführungen dieses Kapitel zeigen auf, dass der heutige Knackpunkt das jeweilige Bibelverständnis in der Diskussion ist. Im darauffolgenden Kapitel werden zehn Regeln für einen fruchtbaren Dialog aufgestellt, die mit zahlreichen persönlichen Erfahrungen veranschaulicht werden. Kapitel sieben – das brückenbauende Kapitel – versucht die Suche nach Ausgewogenheit aufzugreifen. Die Ausführungen gehen zu Herzen und geben Grund zur Hoffnung. Im achten Kapitel benennt der Autor konkrete Schritte, die von der Gemeinde Jesu gegangen werden müssen, damit der Umbruch nicht zum Abbruch, sondern zum Aufbruch führt. Die Quelle jedes Handelns ist dabei die Liebe Gottes, denn „die Liebe zu Jesus ist zwar nicht alles. Aber ohne sie ist alles nichts“ (S. 211). Der Ausblick, der die Zeiten des Umbruchs als Zeiten der Chancen versteht, zeigt auf, dass „echte Herzenseinheit immer ein kleiner Vorgeschmack auf die Ewigkeit ist“ (S. 232).
Die Lektüre verhilft dem Leser Brücken zwischen den Fronten zu entdecken, um als Christenheit zur Ehre des Herrn praktische Nachfolge zu leben. Insgesamt sind Tills Ausführungen klar verständlich, systematisch nachvollziehbar und haben ihr Fundament im Wort Gottes. Lobenswert ist die allgemeinverständliche Ausdrucksweise, die den Lesefluss unterstützt. Das Buch ist eine wichtige Publikation in der aktuellen Debatte und möchte neu die Liebe zu Jesus Christus sowie der Autorität der Bibel betonen. Am Ende wird man vom Engagement des Autors ergriffen sein und sich selbst kritisch hinterfragen, ob man ein Architekt oder Zerstörer von Brücken ist.
Das Buch:
- Till, M. (2019): Zeit des Umbruchs. Wenn Christen ihre evangelikale Heimat verlassen, SCM R. Brockhaus, ISBN: 978-3-417-26880-5, 254 Seiten, Preis: 16,99€
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