Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hat mit der vorliegenden Jugendbibel einen neuen Weg eingeschlagen. Anhand von 16x ausgewählten Blickwinkel im Alten und 12x im Neuen Testament haben die Autoren versucht, die Jesusgeschichte aus der Sicht der damals lebenden Personen zu erzählen. Vielfach wurden altbekannte Texte neu „gemixt“, um damit eine völlig neue Zielgruppe anzusprechen. „Unser Remix ist nämlich für eine breite christliche Öffentlichkeit bestimmt“ (S. 317).
Lobenswert ist, dass die Einführungstexte herausfordernd, aufwühlend sowie informativ gestaltet sind. Die Autoren haben die Generation der Influencer vor Augen. Daher haben sie die Texte der Einheitsübersetzung aus ungewöhnlicher Perspektive angeordnet und beleuchtet. Positiv dabei ist, dass der größte Teil des Buches von den jeweiligen Bibeltexten gefüllt ist. So kann der Leser nicht die Meinung der Autoren nachlesen, sondern sich selbst ein Bild anhand von Gottes Wort machen.
Bei all den belebenden und verblüffenden Ansätzen fällt leider auf, dass der reformatorische Kern des Glaubens sola christus, sola fide, sola gratia und sola scriptura zu wenig herausgestellt wird. Über den Glauben erfährt der Leser, dass „der Glaube an Jesus Christus – an den, der gestorben und auferstanden ist – ausreicht“ (S. 238). Dass Paulus den „Gottesglauben nicht als Regelerfüllung“ ansieht und nur die individuelle Freiheit des Christen betont, verfehlt so das Ziel der gesamten Heiligen Schrift: die Verlorenheit des gottlosen Menschen. Daher ist es gut, dass dieser Missstand in der Weise aufgefangen wird, dass z. B. das gesamte Markusevangelium abgedruckt ist und so Gottes Wort – gemäß Jeremia 55,11 – nicht leer zurückkommen muss. Worauf hingegen sehr viel Wert gelegt wird, ist ein gelebter Glaube, der sich in der Aus- und Durchführung ethisch, moralischer und diakonischer Handlungen zeigt. „Der wahre Reichtum besteht halt in einem christlichen Leben“ (S. 308). Und hierzu erhält der Leser zahlreiche und wertvolle Anregungen, denn „der Glaube muss sich mit dem Alltag verbinden“.
Dass die Geschichte nicht chronologisch-sachlich erzählt wird, mag zunächst befremdlich sein, aber ist durchaus ein neuer Zugang zu den Bibeltexten. Der Bundesvorstand betont daher nicht zuletzt, dass die „Bibel in die Hand zu nehmen und darin zu lesen ist“ (S. 383). Die Sprache der Einführungstexte ist frisch, frech und weniger fromm als man meinen möchte. Aufgrund ihrer Geradlinigkeit unterstützt sie den Lesefluss.
„Das Besondere an dieser Bibel ist: Unbequem zu sein – das war das Ziel!“, so die Verfasser der vorliegenden Jugendbibel. Nach der Lektüre der 380 Seiten wird man definitiv neue Perspektiven und Zugänge zu den biblischen Texten haben. Wer eine Vollbibel zur Hand nimmt und dazu die Jugendbibel mit ihren belebenden Impulsen nutzt, wird sicherlich verblüffende Zugänge zu den Bibeltexten finden.
Die Bibel:
- Linker, C. / Otten, P. (2020): Wir erzählen die Bibel, Herder Verlag, 384 Seiten, ISBN: 978-3-451-47666-5, Preis: 19,50€
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